Medien, schnallt euch an
Meinungstext zum Gendern.
Geschlechtergerechte Sprache könnte wie das Anschnallen im Auto so selbstverständlich sein. Inklusives Sprechen und Schreiben würden viel bringen, wenn man sie beständig in allen Medien verwenden würde, anstatt über ihren Gebrauch zu debattieren.
Kritiker*innen prangern beim Gendern eine „gewaltsame Veränderung“ der deutschen Sprache an. Der Duden strich vergangenes Jahr etwa 300 Wörter für seine neue Auflage und fügte 3.000 neue Wörter hinzu – darunter auch „Gendersternchen“. Sprachbewahrer*innen stehen vor einem Grundproblem: Sprache war schon immer dynamisch und reflektiert damit die Verhältnisse einer Gesellschaft.
Und das zugunsten des journalistischen Handwerks: Statt Studenten können es nun Studierende, Student*innen, Student_innen oder Student:innen sein. Alle Begriffe meinen dasselbe. Das Sternchen inkludiert alle Geschlechter; der Unterstrich öffnet Räume jenseits der Geschlechterkategorien; der Doppelpunkt funktioniert bei Sprachausgabe für Menschen mit Leseschwierigkeiten. Diese Variationen führen zur Präzision: Sprache wird diskriminierungsfreier, und sie bildet die Vielfalt der Gesellschaft ab. Diese Präzision wird den Ziffern 1 und 12 des Pressekodex gerecht: Achtung der Menschenwürde und Diskriminierungsverbot.
Studien weisen darauf hin, dass bei Berufsbezeichnungen in der männlichen Pluralform nicht automatisch alle Geschlechter vor dem inneren Auge auftauchen. Geschlechtergerechte Berufsbezeichnungen bestärken Kinder, Tätigkeiten zu ergreifen, die traditionell von einem Geschlecht dominiert sind. Gendern kann Stereotype aushebeln – und damit real zu mehr Geschlechtergerechtigkeit beitragen.
Einige Medien beklagen fehlende Diversität in ihren Reihen. Es kann helfen, nach Journalist*innen zu suchen statt nach Journalisten. Die Zukunft des deutschen Journalismus ist inklusiv und divers.
Dieser Text entstand im Rahmen der Bewerbung für die Henri-Nannen-Schule.